der trend zu weltlichen trauerreden hält an

Der Trend zu weltlichen Trauerreden hält an

Was früher eine fast exotische Ausnahme auf den Friedhöfen der Republik war, ist nun zu einem festen Bestandteil der Bestattungskultur geworden: die freie Grabrede. Dabei sind es verschiedene Faktoren, die zu der wachsenden Nachfrage führen. Die schwindende Bedeutung der Amtskirchen im Alltag der Menschen spielt dabei eine Rolle. Früher war der Pfarrer der erste im Sterbehaus, heute muss er vielleicht zwei oder mehrere Pfarreien betreuen und hat wenig Zeit. Bürosprechzeiten von zwei Stunden in der Woche sind keine Seltenheit.

Die Missbrauchsfälle in den Amtskirchen, die verknöcherten Strukturen, besonders bei den Katholiken, tun ein Übriges. Es ist nicht mehr zeitgemäß, am Grab von Israel zu hören, dass sich der Huld des Herrn gewiss ist. Oder eine nebulöse Schuld des/der Verstorbenen auszumachen, der sich die Heiligen und Märtyrer nun annehmen.

Die Grabrede ist persönlich und individuell

Bei der freien Grabrede wird im Gespräch nach den markanten Eckpfeilern des vergangenen Lebens gesucht. Was liebte der Mensch, wo hat er glückliche Stunden verbracht, welche Hobbys und Leidenschaften gepflegt. Welche Menschen waren wichtig, haben die eigenen Wege gekreuzt oder begleitet.

Inhaltsreiche Zitate, Texte oder Gedichte können beitragen, eine positive Stimmung zu erzeugen, ein wohliges Gefühl der Abschiednahme, trotz aller Traurigkeit. Die Grabrede soll gerade nicht bestätigen, dass am Ende ein Leben geschönt und verzerrt dargestellt wird, sie soll mehr zum Inhalt haben, dass in jeder Lebensgeschichte ein positiver Kern zu finden ist. 

Es ist eine schöne Erfahrung als Redner, wenn Trauergäste anschließend kommen und zum Ausdruck bringen: genau so ist er oder sie gewesen, sie müssen sich gut gekannt haben. Dann ist es gelungen, den Menschen erkennbar zu machen und in den Anwesenden, ihre eigenen Erinnerungen anzuregen.

der trend zu weltlichen trauerreden hält an

Ehrlichkeit, Zurückhaltung und Mitgefühl

Das Kriterium für eine „gute“ Grabrede ist nicht etwa eine rhetorische Höchstleistung oder gar eine Sammlung schwieriger Fremdwörter oder lange Schachtelsätze. Die Kunst besteht darin, mit einfachen, verständlichen Worten Bilder zu erzeugen, eine Stimmung positiv aufzuladen. 

Dazu gehören nicht nur die gedruckten Worte auf dem Manuskript, dazu gehört die Art des Vortrages, der Blickkontakt zu den Anwesenden und die Fähigkeit, je nach Situation, sich vom Text zu lösen und frei zu sprechen. Die Worte sollten beseelt sein durch die Persönlichkeit des Redners. Texte vorlesen können viele, Reden halten wenige.